RAHMENBEDINGUNGEN

Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die Folgen der COVID-19-Pandemie bestimmten auch im Jahr 2021 die globale Wirtschaftsentwicklung. Im Laufe des Kalenderjahres 2021 erholte sich die globale ‎Wirtschaftsleistung nach den Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und ‎Entwicklung (OECD) deutlich und stieg um 5,8 % (Vorjahr: - 3,5 %). Die erhöhte gesamtwirtschaftliche Nachfrage führte in vielen Branchen zu angebotsseitigen Engpässen, die zunehmende Preissteigerungsraten zur Folge hatten. Zudem führten weitere Virusvarianten zu wiederholter und neuer Versorgungsknappheit, die mit niedrigen Lagerbeständen und langen Lieferzeiten bei Vorprodukten in Verbindung standen. In der Eurozone ist ebenfalls eine positive konjunkturelle Entwicklung zu verzeichnen. Nach Angaben der EU wird ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 5,3 % in 2021 erwartet (Vorjahr: - 6,6 %). Maßgeblich hierfür waren die fortschreitende Impfkampagne, die Aufhebung von Beschränkungen sowie günstige Finanzierungsbedingungen. Gegenläufig bremsten Lieferengpässe und steigende Energiepreise im Jahresverlauf die Wachstumsdynamik. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wächst nach vorläufiger Schätzung des Statistischen Bundesamtes im Berichtszeitraum um 2,7 % (Vorjahr - 4,6 %).

 

Energierechtliche Rahmenbedingungen

Neben der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen standen im Jahr 2021 die Themen Klimaschutz und Energiewende in Deutschland ganz oben auf der politischen Agenda. Diese Themen werden in einer Reihe von Änderungen an Gesetzen und Verordnungen im Energiebereich angesprochen:

Am 01.01.2021 startete in Deutschland ein nationaler CO2-Emissionshandel. Seitdem müssen Unternehmen, die Brennstoffe in Deutschland in den Verkehr bringen, am nationalen Emissionshandelssystem (nEHS) teilnehmen. Das nEHS soll dazu beitragen, den CO2-Ausstoß in den Sektoren Wärme und Verkehr zu senken. Zudem soll ein effizienterer Umgang mit Energie gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit von klimaschonenden Wärme- und Mobilitätslösungen gegenüber fossilen Technologien gestärkt werden. Die Bepreisung wurde im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) definiert, das Bestandteil des 2019 verkündeten Klimapakets war. Zum Start lag der Festpreis pro Tonne CO2 bei 25 €. Dieser soll schrittweise bis 2025 auf 55 € je Tonne ansteigen. Die Einnahmen aus dem nEHS finanzieren ein breites Spektrum an Maßnahmen für Klimaschutz, Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat im Sommer 2021 einen Gesetzesentwurf zur Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) vorgelegt. Das Programm soll neben dem Bau neuer Wärmenetze mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien auch die Dekarbonisierung bestehender Fernwärmenetze vorantreiben und dadurch den Wandel zur klimaneutralen Wärmeversorgung beschleunigen. Von der Förderung sollen sowohl kleinere Wärmenetze bis ein Kilometer Trassenlänge als auch Großprojekte mit über 100 Kilometer Netzlänge profitieren. Ein breiter Mix aus unterschiedlichsten Erneuerbare-Energien-Erzeugungstechnologien, saisonalen Großwärmespeichern und Abwärme soll effiziente Quartierslösungen in der Wärme- und Kälteversorgung gestalten und die Klimaneutralität von Neu- und Bestandsnetzen voranbringen. Der im ersten Entwurf veranschlagte Förderrahmen von ca. 1,5 Mrd. € bis 2025 soll auf über 10 Mrd. € bis 2030 aufgestockt werden, um bis 2030 50 % der Wärme klimaneutral erzeugen zu können.

Im Juni 2021 wurde das europäische Klimagesetz verabschiedet. Darin verpflichten sich die EU-Staaten zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050. Um dieses ambitionierte Klimaziel zu erreichen, wurde auch ein neues Zwischenziel definiert. Bis zum Jahr 2030 sollen Netto-Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union um 55 % im Vergleich zu 1990 sinken. Zuvor lag das gemeinsame Etappenziel bei einer Reduzierung von 40 %. Zur Umsetzung des neuen Klimaschutzziels veröffentlichte die EU-Kommission am 14.07.2021 ihr „Fit for 55“-Paket. Die Maßnahmen knüpfen an den sogenannten „Green Deal“ der EU-Kommission aus dem Jahr 2020 an und enthalten eine Vielzahl von Vorschlägen zur Senkung von CO2-Emmissionen auf breiter Front, z. B. die Reform des europäischen Emissionshandelssystems mit einer Ausweitung auf die Sektoren Verkehr und Wärme, schneller Ausbau der erneuerbaren Energien und ein sozialer Ausgleich der Klimaschutzkosten. Aktuell laufen in den EU-Mitgliedsstaaten und im europäischen Parlament erste Beratungen über das Paket „Fit for 55“.

Nach der Bundestagswahl am 26.09.2021 und den anschließenden Koalitionsverhandlungen einigten sich SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP auf einen neuen Koalitionsvertrag, der einen Fokus auf die Themen Klimaschutz und Energiewende legt. Bis 2030 soll Strom aus erneuerbaren Energien einen Anteil von 80 % des Strombedarfs decken. Um die angehobenen Ausbauziele für Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie erreichen zu können, sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren zur Umsetzung von regenerativen Erzeugungsprojekten verkürzt werden. Am bereits bestehenden Ziel Atomausstieg hält die Ampel-Koalition weiter fest. Der Kohleausstieg soll bereits bis 2030 umgesetzt sein. Des Weiteren sollen die Bundesländer 2 % ihrer Landesfläche für Windenergie ausweisen und somit Windenergie als zentrale Säule der Stromerzeugung etablieren. Einen Schub soll zudem der Ausbau von Solarenergie erhalten. Durch gesetzliche Verpflichtungen, insbesondere auf Dachflächen von Neubauten, wird ein Ausbauziel von 200 GW bis 2030 im Koalitionsvertrag genannt. Auch der Ausbau der Elektromobilität sowie der zugehörigen Ladeinfrastruktur werden als Ziel definiert. Bis 2030 sollen mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw zugelassen und eine Million Ladepunkte öffentlich zugänglich sein.

Im Oktober 2021 hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) die zukünftigen Eigenkapitalzinssätze für die vierte Regulierungsperiode veröffentlicht. Diese beginnt für die Gasnetzbetreiber im Jahr 2023, ein Jahr später für die Stromnetzbetreiber. Die Eigenkapitalzinssätze liegen einheitlich für Strom- und Gasnetzbetreiber für Neuanlagen bei 5,07 %, für Altanlagen wurde ein Zinssatz von 3,51 % ermittelt. Gegenüber der aktuellen Regulierungsperiode (6,91 % für Neuanlagen und 5,12 % für Altanlagen) bedeutet dies ein rückläufiges Zinsniveau. Gegen die Veröffentlichung wurde Beschwerde beim OLG Düsseldorf eingelegt. Die Absenkung des Zinsniveaus schränkt aus Sicht der Netzbetreiber deren Leistungs- und Investitionsfähigkeit stark ein und gefährdet damit eine erfolgreiche Energiewende. Insbesondere die von der BNetzA berechnete Marktrisikoprämie wird im europäischen Vergleich als sehr gering eingeschätzt. Mit einer Entscheidung kann frühestens 2023 gerechnet werden.

 

Energiemarkt

In Deutschland erhöhte sich der Primärenergieverbrauch nach vorläufigen Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) um 2,6 % (Vorjahr: - 8,7 %). Als Gründe für die Verbrauchssteigerung ist die wirtschaftliche Erholung in 2021 als auch die im Vergleich zum Vorjahr kühleren Außentemperaturen zu nennen. Der Energieverbrauch ist dennoch von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt und liegt unter dem Niveau von 2019.

Der deutsche Strommarkt war auch im Jahr 2021 durch einen starken Wettbewerb geprägt. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) betrug der Anteil der Privatkunden, die von Beginn der Marktöffnung bis 2021 mindestens einmal den Versorger gewechselt haben, rd. 50 %. Insgesamt lag der Stromverbrauch in Deutschland im Jahr 2021 nach Angaben des BDEW um rd. 3,0 % über dem Wert des Vorjahreszeitraums (Vorjahr: - 3,8 %). Als Hauptursache für den Anstieg im Jahr 2021 ist die Erholung der Konjunktur zu nennen.

Auch auf dem deutschen Gasmarkt hat sich im Jahr 2021 der Wettbewerb weiter verschärft. Laut BDEW erhöhte sich die Wechselquote bei den Privatkunden von Beginn der Marktöffnung bis Mitte 2021 auf 39 %. Der Erdgasverbrauch in Deutschland nahm im Jahr 2021 nach BDEW-Angaben gegenüber 2020 insgesamt um rd. 3,9 % zu (Vorjahr: - 3,4 %). Der steigende Bedarf ist auf den konjunkturellen Erholungsprozess und die vergleichsweise kühlere Witterung im ersten Halbjahr 2021 zurückzuführen.

Die Marktchancen für Contracting-Dienstleistungen gewinnen im Zuge des ökologischen Umbaus der Energieerzeugung deutschlandweit immer mehr an Bedeutung. Das immense Potential lässt sich anhand der Baugenehmigungen ablesen. Bei rd. 22 % der im Berichtsjahr zum Bau genehmigten Wohnungen ist ein Fernwärmeanschluss vorgesehen.

Nach vorläufigen Prognosedaten des BDEW ist der Wasserverbrauch deutschlandweit um rd. 3 % ‎‎(Vorjahr: + 2,0 %) gegenüber dem Vorjahr rückläufig.‎

 

Entwicklung der Energiepreise

2021 lagen die Energiepreise deutlich über dem Niveau des Vorjahres. Der durchschnittliche Ölpreis für ein Barrel der Sorte Brent Frontmonat lag 2021 mit 66,58 US-$ mehr als 45 % über dem Vorjahreswert. ‎Die Erdgaspreise notierten im Jahr 2021 im Mittel für das Frontjahrprodukt im Marktgebiet NetConnect Germany (NCG) mit 33,60 €/MWh um ca. 149 % über der Vorperiode. Ein kalter Jahresanfang und niedrige Gasspeicherstände infolge von rückläufigen russischen Gasexporten sorgten für einen enormen Preisanstieg im Jahresverlauf. Beim durchschnittlichen Strompreis zeigte sich im Jahr 2021 ein massiver Preisanstieg nach einer leicht rückläufigen Bewegung in den Vorjahren. Für das Terminprodukt Base mit Lieferung im Folgejahr ist der Preis um rd. 120 % auf 88,42 €/MWh gestiegen. Neben den weiterhin hohen CO2-Preisen sind die stark gestiegenen Gaspreise, die die Stromerzeugung in Gaskraftwerken deutlich verteuern, als Hauptursache für das hohe Preisniveau anzuführen. Zudem wirkten sich Hochlastphasen bei zeitgleich geringer regenerativer Einspeisung aus Wind und Sonne preissteigernd im Kurzfristhandel aus.